Schulschluss nach vierter Stunde an der Sekundarschule Dähre / Schüler im Dorf unterwegs

Es gibt keine Vier-Tage-Woche an der Sekundarschule Dähre. Aus Gründen des Schülertransportes war der drastische Schritt in Erwägung gezogen worden. Jetzt haben die Klassen mehrfach in der Woche nur vier Stunden Unterricht. Die Busse fahren gegen 13 Uhr. Bis dahin sind die Siebt- bis Neuntklässler unbeaufsichtigt im Dorf unterwegs.

Dähre l Der Lehrermangel wird in Dähre seit Beginn des Schuljahres auf den Straßen des Ortes deutlich. Die Jungen und Mädchen vertreiben sich die Zeit, bis ihre Schulbusse sie abholen, an der Bushaltestelle, am örtlichen Einkaufsmarkt, an der Sporthalle und anderen Plätzen. Die fünften und sechsten Klassen werden bei Stundenausfall beaufsichtigt. Die Älteren sind belehrt worden. Sie dürfen in der Aula bleiben, nach Schulschluss aber auch das Schulgelände verlassen. Und diese Freiheit nutzen sie, wie Schulleiterin Ines Kausch bestätigt. Das ist altersgerechtes Verhalten, schätzt sie ein. Gut sei das natürlich nicht. „Zum Teil gefährden sie den Straßenverkehr, wenn sie an der Bushaltestelle warten, und natürlich auch sich selbst“, sagt die Schulleiterin besorgt und spricht von „massiven Problemen“.

Aufsicht nicht möglich

Denn die Jugendlichen halten sich gern im Umfeld der benachbarten Turnhalle auf. Und die, die nach Hause könnten, weil sie in der Nähe wohnen, bleiben oder kommen wieder, um mit ihren Klassenkameraden zusammen zu sein. Und da kann es schon mal lauter werden. „Das stört den Unterricht“, konstatiert Ines Kausch.

Ändern kann sie es nicht. Momentan beträgt die Unterrichtsversorgung an der Schule 68 Prozent. Die zehnten Klassen bekommen mit Hinblick auf die Abschlussprüfungen, nach Möglichkeit die volle Stundentafel.

Für die anderen ist an mindestens zwei Tagen in der Woche oder öfter nach der vierten Stunde Schluss. Das ist gegen 11 Uhr. Gut zwei Stunden dauert es bis zur Abfahrt der Busse. Aufgrund der Erkrankung einer Kollegin hat sich die Lage verschärft. Es bestehe keine Möglichkeit, eine Aufsicht für die Siebt- bis Neuntklässler zu stellen.

Eine gesetzliche Pflicht dazu gibt es nicht, wie der stellvertretende Pressesprecher des Landes Bildungsministerium, Michael Schulz, zu einem gleich gelagerten Fall an der Gardeleger Karl Marx Schule kürzlich informiert hatte.

Die Dährer Schüler eher nach Hause zu fahren, sei keine machbare Alternative, sagt die zuständige Dezernentin des Altmarkkreises, Kathrin Rösel, auf Volksstimme-Anfrage. Der Fahrplan sei ein kompliziertes Gebilde, das auf mehrere Schulen abgestimmt sei. Es könne nicht so einfach aufgeschnürt werden. Zudem sei Dähre nicht die einzige Schule mit diesem Problem.

Eine Vier-Tage-Woche für die Dährer Sekundarschule einzuführen, was in etwa der derzeitigen Unterrichtsversorgung entsprechen würde, obliege nicht dem Altmarkkreis, sondern der Schulaufsichtsbehörde, erklärt die Dezernentin. Damit wäre das Problem der unbeaufsichtigten Schüler gelöst. Diese Option war schon einmal im Gespräch, ist aber nicht umgesetzt worden.

Eine Stelle neu besetzt

Rösel hatte im Kreis-Bildungsausschuss, der am Montag in Arendsee tagte, Entspannung angekündigt. Zum 1. Oktober werde eine Stelle neu besetzt. Eine Seiteneinsteigerin wolle in Dähre anfangen.

Schulleiterin Ines Kausch muss die gute Nachricht relativieren. Denn bevor die neue Kollegin an der Schule unterrichten könne, erhalte sie einen vierwöchigen Lehrgang. Vor Anfang November sei nicht mit ihr zu rechnen. Zum Jahresende gehe eine Lehrerin in den Ruhestand. Im Januar verabschiede sich eine weitere in Richtung Niedersachsen, um dort ihr Referendariat zu beenden.

Trotzdem bleibt die Schulleiterin optimistisch. Sie wisse von mehreren Interessenten, die sich einen Seiteneinstieg als Lehrer an der Sekundarschule vorstellen können.

Den Dährer Gemeinderäten ist angesichts der Situation schon in ihrer Sitzung vor vier Wochen der Kragen geplatzt. Inzwischen haben sie einen offenen Brief an Bildungsminister Marco Tullner (CDU) verfasst.

Darin schreiben sie unter anderem, dass der Lehrermangel und der daraus resultierende Stundenausfall seit langem abzusehen gewesen sei.

„Doch gehandelt wurde bisher nur unzureichend“, heißt es. Und weiter: „Wir fordern eine Kehrtwende von dieser offensichtlich fehlerhaften Bildungspolitik und eine deutliche Erhöhung des Personaleinsatzes für die Zukunft unserer Region, aber auch des Wirtschaftsstandortes Deutschland.“

Zum Start ins neue Schuljahr waren an der Dährer Sekundarschule 175 Jungen und Mädchen angemeldet.

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