Da warten die Bewohner in der Region Diesdorf-Dähre am Pfingstsonntag drauf: aufs Klingeln der Kinder, Grüße auf Platt und ein Dankeschön.
Von Anke Pelczarski › VOLKSSTIMME
Bonese/Schadewohl/Schmölau l Wie lange der Pfingstochse schon durch Bonese zieht? Keiner weiß es so genau. Schon lange, bestimmt schon 50 Jahre, meinen einige der Eltern, die am Sonntag die Kinder beim Rundgang durchs Dorf begleiten. Das Gestell ist mit Grün und farbenfrohen Blumen geschmückt. Rüdiger Werner Zebedies und Cody-Luke Mulshaw haben Schwerstarbeit zu leisten. Denn die beiden Jugendlichen tragen den „Pfingstochsen“ von Haus zu Haus und können auch den Spruch auswendig, der mit den Worten „Tag ins Haus, Glück ins Haus“ beginnt.
Die Bewohner sind vorbereiten, bedanken sich mit Süßem und Spenden für den willkommenen Pfingstgruß. Auch in Schadewohl liegen die verschiedensten Süßigkeiten nach dem Rundgang auf dem Tisch. Alles wird gerecht geteilt. Schließlich soll es der Lohn für die Mitwirkenden sein, die an diesem Sonntag zeitig aufgestanden sind.
Frisches Grün und farbenfrohe Blumen
„Mein Papa Horst Schulz ist 1950 nach Schadewohl gekommen. Damals gab es diesen Brauch schon“, erzählt Veronika Lochmann, die in ihrer Kindheit ebenfalls mit durchs Dorf gezogen ist. Damals habe der Weg sogar noch nach Bergmoor geführt. Sie hatte etwas Bedenken, ob es in diesem Jahr wieder möglich sei, an den etwa 30 bewohnten Häusern zu klingeln. Denn es würden immer weniger Kinder. Doch da sich mit Carlos und Dustin zwei Träger für den „Pfingstochsen“ gefunden hatten, konnte der Brauch auch in diesem Jahr mit Leben erfüllt werden. „Wir schmücken das Gestell am Abend vorher mit Grün und stecken am Morgen vorm Losgehen die Blumen daran“, schildert Veronika Lochmann. Derweil teilen die Kinder das Gesammelte gerecht untereinander auf.
Der „Pfingstkerl“, ein mit Grün und Blumen geschmücktes mannshohes Gestell in Schmölau, wird diesmal abwechselnd von Heiko Dammann und Martin Malek getragen. Jung und Alt ziehen durchs Dorf. Da muss sich manch ein Autofahrer an der Hauptstraße einen kleinen Stopp und die Bitte um eine Spende gefallen lassen. Als Dank dreht sich der „Pfingstkerl“ und lässt sich von allen Seiten bestaunen.
Schöne Jugendzeit
Auch hier kann keiner genau sagen, seit wann es den Brauch gibt. „Den gab es schon, als ich klein war“, erzählt der heute 75-jährige Karl-Heinz Wesche aus Schmölau. Er erinnert sich auch noch an die Zeit, als die Pfingstbraut durch den Ort gezogen ist. „Die Mädchen sind immer eine halbe Stunde vor uns los. Das fanden wir nicht so schön, weil für uns nicht viel übrig geblieben ist“, blickt er zurück. Jene Zeit ist Brigitte Dzengel geb. Holland noch gegenwärtig. Sie sei in Schmölau eingeschult worden und habe eine sehr schöne Jugendzeit hier verlebt. Und da gehörte dieser Pfingstbrauch dazu. Wann die „Braut“ mit ihren Rundgängen aufgehört hat, das können die beiden nicht mit Bestimmtheit sagen. Gut sei jedoch, dass sich eine Tradition erhalten habe, die weiter gepflegt werde, meinen sie.
Für Brigitte Dzengel ist der Besuch am Pfingstsonntag wie ein Nach-Hause-Kommen. Sie sei im August 1957 von einem Besuch in der Bundesrepublik nicht zurückgekehrt, erzählt sie. Dennoch hänge ihr Herz immer noch an Schmölau, begründet die heute in Bad Salzdetfurth (Landkreis Hildesheim) Lebende, warum sie sich gern dem Umzug mit anschließt. Mit dem einen und anderen kommt sie ins Gespräch – die Jugendzeit wird wieder lebendig. Und auch die Örtlichkeiten sind ihr vertraut. Da gibt es viel zu schauen, wie sich manches verändert hat.
Brigitte Dzengel hat den Besuch nicht bereut: Sie drückt die Daumen, dass die Bräuche in den altmärkischen Orten weiter gepflegt werden.
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