Mehr als 200 Menschen kamen zur Info-Veranstaltung zum Windpark Schmölau-Neuekrug. Das Projekt, das mit 41 Windkraftanlagen geplant ist, stieß auf teils heftige Ablehnung.

#BONESE. „Nein zu 41 Windrädern im Forst Schmölau“ stand auf einem Banner, das an einem Auto vor dem Boneser Dorfgemeinschaftshaus befestigt war. Besucher der Info-Veranstaltung zum Windpark Schmölau-Neuekrug trugen sich in Unterschriftenlisten gegen dieses Projekt ein. Mehr als 200 Menschen drängten sich in den Saal. Von Beginn an lag Spannung in der Luft.

Die Lüder Green Energy GmbH wollte am Donnerstagabend über das Projekt zwischen Schmölau, Neuekrug und der Landesgrenze zu Niedersachsen informieren. Für die meisten Anwohner im Saal ging es darum, deutlich zu sagen, dass sie keinen Windpark wollen. Für beide Seiten geht es um viel – für die einen um Geld, für die anderen um Lebensqualität.

Knapp 5.000 Transporte

Projektentwickler Christian Overbeck stellte die planerisch und wirtschaftlich voneinander getrennten Windparks auf dem Gebiet der Gemeinden Dähre und Diesdorf vor, räumte aber ein, dass beide als eine Anlage wahrgenommen werden würden. 41 Windkraftanlagen wären auf dem etwa 1.100-Hektar-Areal möglich – jede 260 Meter hoch. Etwa 120 Transporte seien laut Overbeck beim Bau einer Anlage notwendig. Knapp 5.000 Fahrten – teilweise mit Schwerlasttransporten – müssten über die Straßen in der Region rollen. Diese Informationen sorgten für Entrüstung bei vielen Zuhörern.

Christian Overbeck versicherte während seines Vortrags, dass es in den Orten um den Windpark keine akustische Belastung geben werde. Als eine Anwohnerin jedoch wissen wollte, wie es denn im Wald nahe der Anlagen sei, musste Overbeck einräumen, dass es die Ruhe, die dort jetzt herrsche, nicht mehr geben werde. „Da kann einem nur schwindelig werden. Das ist eine unglaubliche Zumutung, wenn man sich bewusst dafür entschieden hat, hier zu wohnen“, sagte eine Anwohnerin und fügte hinzu: „Da hätte ich auch in Berlin bleiben können.“ Der Schmölauer Helmut Stade, einer der Aktivposten beim Kampf gegen den Windpark, hielt Christian Overbeck vor, dass die unzähligen Transporte die vorhandene Infrastruktur kaputt machen würden. Der Projektentwickler entgegnete, dass diese aufgrund der Wertschöpfung vor Ort verbessert werden könne.

Mehr aIs 200 Anwohner kamen zur Info-Veranstaltung zum geplanten Windpark ins Boneser Dorfgemeinschaftshaus.
FOTO: MARCO HEIDE VOLKSSTIMME

Am Ende der Präsentation stellte Overbeck die finanziellen Chancen für Anwohner und Gemeinde dar und sprach von einem Mehrwert für die Menschen vor Ort. Da platzte einer Anwohnerin der Kragen: „Woher wollen Sie wissen, was hier für jeden einzelnen einen Mehrwert darstellt? Für mich ist ein intakter Wald, Tiere und Natur mehr wert.“ Die klarsten Worte fand eine weitere Anwohnerin: „Ich will den Wald. Mir ist völlig Latte, wie hoch die Windräder sind und wie viel ich sparen kann. Ich dusche zur Not kalt. Ich will nicht auf einen Wald aus Windrädern schauen.“ Viele Wortmeldungen zielten in diese Richtung. Die Anwohner sehen den Schmölauer Forst als Erholungsgebiet und Lebensraum für die Fauna in Gefahr.

Neuer Rat soll entscheiden

Die Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking (Grüne) kam aus Magdeburg zu der Info-Veranstaltung. Sie wurde zwar mit einigen Buh-Rufen begrüßt, aber mit Applaus verabschiedet. Sie informierte aus erster Hand über die Gesetzeslage und welche Einflussmöglichkeiten die Anwohner haben. „Ohne die Zustimmung des Gemeinderates oder der Regionalen Planungsgemeinschaft wird hier nichts gebaut. Suchen Sie den Kontakt zu den Mitgliedern dieser Gremien“, empfahl Frederking. Grundsätzlich sollte aus ihrer Sicht Windkraft im Wald nicht im Vordergrund stehen, sondern eher die Freiflächen genutzt werden.

Mehrfach wurde Dähres Bürgermeister Bernd Hane nach seinem Standpunkt gefragt. Kathrin Stade aus Schmölau wies ihn darauf hin, dass er gesagt habe, dass Schmölau, wo zwei Solarparks gebaut werden, seine Schuldigkeit mit Blick auf die erneuerbaren Energien getan habe und appellierte an Hane, zu seinem Wort zu stehen. „Kommenden Sonntag ist Wahl. Dieser Gemeinderat ist der Ansprechpartner“, sagte Hane. „Ich bin seit sieben Jahren Bürgermeister und habe sieben Jahre den Mangel verwaltet. Wir haben Schwierigkeiten, den Status quo zu erhalten“, erklärte der Bürgermeister und fügte hinzu: „Wir brauchen die Wertschöpfung in unserem Territorium, um den Status quo zu erhalten.“ Das habe sich vor ein paar Monaten noch etwas anders angehört, meinten Anwesende.

Anfang des Jahres verhinderten die Kortenbecker den Bau eines Solarparks an ihrem Dorf. „Vorrang hat der Bürger. Ich bedanke mich bei Detlef Schlademann, dass er das Projekt von sich aus sein lässt“, sagte damals Bürgermeister Bernd Hane, als der Initiator das Projekt auf Druck der Anwohner zurückzog. Ratsherr Klaus Schulz hatte gemeint, dass das Gremium ohnehin mit dieser Thematik überfordert sei. Deshalb gelte für ihn, wie auch für die anderen Gemeinderäte, dass sie keine Entscheidung gegen die Bürger treffen würden.

Sebastian Lüder, Initiator des Projektes und Flächeneigentümer, sagte am Ende der Veranstaltung in Bonese, dass er die Bedenken zur Dimensionierung der Anlage mitnehmen und mit den Flächeneigentümern diskutieren werde. Er machte aber auch deutlich: „Wir werden mit dem Projekt an den Start gehen.“

Der aktuelle Stand beim Windpark

Das neue Gesetz, das Windkraftanlagen im Wald ermöglicht, steht vor der Verabschiedung.

Über den Bau entscheiden der Gemeinderat Dähre und die Regionale Planungsgemeinschaft. Wenn einer der beiden grünes Licht gibt, kann gebaut werden.

Der Gemeinderat kann durch eine Änderung des Flächennutzungsplans den Bau ermöglichen. Aber: Der Dährer Rat kann nur über die 21 Anlagen auf seinem Gebiet entscheiden. Die anderen 20 Windräder stehen im Diesdorfer Bereich.

Die Regionale Planungsgemeinschaft ist von Landräten und Kommunalpolitiker besetzt. Sie könnte ein Windvorranggebiet zwischen Schmölau und Neuekrug ausweisen. Dann kann der Gemeinderat nicht mehr mitreden. Aber: Ende März hat die Planungsgemeinschaft beschlossen, die Suche nach Windvorranggebiet noch einmal neu aufzuziehen. Die beiden Landräte wollen den Strom dort produzieren, wo er benötigt wird. Bis 2027 muss die Planungsgemeinschaft die Gebiete ausweisen.

Die Planer des Windparks Schmölau-Neuekrug wollen laut Präsentation den Weg über den Gemeinderat gehen.

Kommentar: Schwere Last

von Marco Heide zum Windpark bei Schmölau

Der Windpark Schmölau-Neuekrug stößt bei den Anwohnern massiv auf Ablehnung. Dähres Bürgermeister und die Gemeinderäte tragen als ehrenamtliche Kommunalpolitiker bei diesem offensichtlichen Konflikt zweifelsohne eine große Last. Auch wenn morgen der Rat neu gewählt wird, sitzen sicher einige aktuelle Räte auch künftig in dem Gremium. Bisher fuhren Bernd Hane und Co. den Kurs, dass an erster Stelle die Bürgermeinung stehe. Auch wenn das Geld, das der Windpark verspricht, verlockend ist, sollten sie diesen Kurs beibehalten. Ansonsten würden sie nachhaltig ihre Glaubwürdigkeit verspielen. Wenn die Kortenbecker auf die Barrikaden gehen, wird der Solarpark nicht gebaut, wenn die Schmölauer und umliegende Einwohner protestieren, spielt das eine untergeordnete Rolle: Dieser Eindruck darf nicht entstehen. Das wird den Gemeinderat vermutlich viele Nerven kosten wird, aber er muss jetzt genau hinhören, was die Anwohner wollen und darf nicht als Unterhändler der Investoren auftreten. Das wäre unglaubwürdig.

Quelle: Die Volksstimme empfiehlt vom 08. Juni 2024 den Artikel Kampf gegen Windmühlen https://epaper.volksstimme.de/volksstimme/share/UEpDRjFJQzhtOGtIdU1aemp5UlhodTU1NEVrQWRwYlBPQm1DaWtQeEo4WGdQd09rRXYxZkFQN2RQVkFTYWh0RS96YnJIajNEQmVNRU9WU3NuQ1AySVVHK0xOTG92L0JYdXJ6Q3NVbVNEcE9Wd2xFa3lNM2NIVFZ0dW11RHNBND0=?preview=true 

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