„Es ist ein großes Glück, dass wir den Nachwuchs haben“: Das sagt Frank-Jürgen Elfert, der neun Jahre lang Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß 54 Dähre, war. Er meint die Funken, von den Minis über die Kleinen bis hin zu den Großen. Sie seien „wahre Hingucker bei den Veranstaltungen“. Auch dank der engagierten Übungsleiter, die mit den Mädchen und Jungen fleißig üben.
Knapp 170 Mitglieder zähle der Verein derzeit, ergänzt Enrico Vierke. Er hat den Vorsitz in diesem Jahr übernommen. „Wir haben viele Kinder. Dann wird es bis zu den 30-Jährigen etwas dünner. Ab 35, 40 Jahren geht die Mitgliederzahl wieder aufwärts“, schildert er.
Begonnen hat der Karneval in Dähre im Jahr 1954. „Schuld daran“ waren die leeren Kassen der Betriebssportgemeinschaft Traktor. Dann kam den Vorstandsmitgliedern Fritz Loeding und Heinz Dieckmann die zündende Idee: ein Karnevalsvergnügen mit Prinz und Kostümzwang für die Gäste. Ein Regent war rasch gefunden: Fritz Loeding erklärte sich bereit, die Prinzenrolle zu übernehmen.
Seit 1957 gibt es den Kinderkarneval. 1959 sprang die Bäuerliche Handelsgenossenschaft in die Bresche, als der Kreissportbund nicht mehr Träger sein wollte (oder durfte). Zwei Jahre später entstand der Dährer Dorfklub, der sich vorspannte. Und nach der Wende ging es als eingetragener Verein weiter.
Fast in jedem Jahr wurde ein Prinz gefunden, der sich eine Lieblichkeit als Begleiter auserkor. Fünf der „Würdenträger“ sitzen in gemütlicher Runde in Enrico Vierkes Partyraum und plaudern über „ihren“ Verein. Dem hält Walter Faescke schon seit 45 Jahren die Treue: „Als ich 1966 nach Dähre gezogen bin, waren die Einheimischen am Rosenmontag mit Narrenkappen unterwegs. Das habe ich nicht gekannt.“ Fünf, sechs Jahre später sei er angesprochen worden, ob er nicht mitmachen wolle. „Und dann haben die Prinzenbeschaffer so lange auf mich eingeredet, dass ich Ja gesagt habe. Zum 20-jährigen Bestehen war ich dann der Prinz“, erzählt der Dährer.
Eigentlich sei der Karneval zu DDR-Zeiten verpönt gewesen, erinnert sich Walter Faescke. Aber irgendwie sei er in Dähre gelebt worden – und wird es bis heute. „Wir hatten unsere Ursula Starke, mit der wir viel Glück hatten. Sie hat nicht nur unseren Karnevalsschlager geschrieben, sondern mit für Chorgesang, Musik und Tanzgruppenauftritte gesorgt“, erzählt er. Es habe viele komische Nummern gegeben, die die Programme sehr bereichert hätten.
Zu jener Zeit sei das „Deutsche Haus“ das Domizil für die Karnevalsfeiern gewesen. „Damals ein Rind für Schaschlik und Gulasch zu bekommen, das war kein Problem“, sagt Walter Faescke. Das Rind hätte die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft zur Verfügung gestellt. „Zwei Tage vorm Feiern haben wir die Spieße gesteckt. Da mussten wir Kinder auch mithelfen“, erinnert sich Frank-Jürgen Elfert. Das Herrichten des „Deutschen Hauses“ für die Veranstaltungen sei anstrengend gewesen. Das sei heute in der Turnhalle besser. „Da gibt es aber keine Schnitzel mehr“, wirft Enrico Vierke ein, der daran erinnert, dass vor der Wende donnerstags beim Üben immer „Schnitzel-Tag“ in der Gaststätte gewesen sei.
Das gemeinsame Üben der Garden gebe es noch heute. Das fördere den Zusammenhalt, ist sich Frank-Jürgen Elfert sicher. Als sein Vater Albert Elfert in der Saison 1967/68 Prinz gewesen sei, habe er als kleiner Bub seinen ersten Auftritt gehabt: „Da fuhr ich als Schornsteinfeger auf der Kutsche mit.“ Er erinnert sich noch gut daran, wie die Leute in seinem Elternhaus ein- und ausgegangen seien. Denn sein Vater, damals Schatzmeister, hätte die Eintrittskarten verkauft.
Zu jener Zeit hätten die Schüler bis zur achten Klasse beim Rosenmontagsumzug mitgemacht. „Die Kostüme haben wir im Unterricht gebastelt“, erzählt Frank-Jürgen Elfert. Enrico Vierke erinnert sich noch an die Raupe, die aus Kartons entstanden sei. Die Achtklässler hätten das Kinderprinzenpaar gestellt. „Da war es kein Problem, Freiwillige zu finden“, sagt Frank-Jürgen Elfert. Nach der Schule sei für ihn mit dem Mitmachen beim Karneval erstmal Schluss gewesen. Doch 1987/88 kehrte er zurück, machte in der Prinzengarde mit. „Mit Dieter Dorendorf habe ich das Programm erarbeitet. Das hat richtig Spaß gemacht“, erinnert er sich. Prinz sei er in der Saison 1992/93 gewesen und dann gleich in den Elferrat gegangen.
Reinhard Pankonien, der Anfang der 1990er Jahre nach Dähre kam, hat die Film-Leidenschaft zu den Karnevalisten geführt. Es fiel auf, dass er mit der Kamera unterwegs war – Holger Dieckmann habe ihn angesprochen und „geworben“. So landete er im Elferrat. Bis heute hat er seine Kamera bei den Veranstaltungen mit dabei und kümmert sich intensiv um die Chronik. Er hat auch an den Festschriften zum 50- und 60-jährigen Bestehen mitgewirkt. „Zu DDR-Zeiten gab es sogar Ansichtskarten vom Karnevalsverein“, hat er erfahren. Der Prinz der Saison 2002/03 fügt hinzu: „Hier gibt es einen ganz anderen Karneval als in Köln. Aber er ist sehr liebenswert.“
Quasi auf dem Flur ist Torsten Barthel, der stellvertretende Vorsitzende, zu „Rot-Weiß 54“ gekommen. „Walter und ich haben im gleichen Gebäude gearbeitet. Da hat er mich angesprochen, ob ich nicht dabei sein wolle. Da durfte ich im Elferrat mal Probe sitzen“, erzählt er. Walter Faescke habe da wohl schon eine Vision gehabt: Ein neuer Zeremonienmeister sei gesucht worden. „Ich wollte nicht. Aber er hat mir versprochen, bei mir zu sitzen. Da habe ich mich breitschlagen lassen“, schildert Torsten Barthel. Seit 2006 sei er nun schon Zeremonienmeister.
„Der Elferrat saß damals nur rum. Da hatte ich die Idee mit der ,Süßen 11‘“, blickt er zurück. Das heißt, die Männer von der Bühne schlüpften in Kostüme. Dann geht es auf die Tanzfläche. „,Wir woll‘n den Eisbären sehen‘ war unsere erste Nummer“, erinnert sich Torsten Barthel. Den meisten Erfolg habe es mit den Rockern gegeben. 22 oder 23 Auftritte seien absolviert worden. Einladungen habe es unter anderem aus Mechau gegeben. Und er muss heute noch schmunzeln, dass bei einer Geburtstagsparty plötzlich die echte Polizei auftauchte. Die Beamten hatten gemeldet bekommen, dass hier eine Rockerbande ihr Unwesen treibe… Das Missverständnis konnte rasch aufgeklärt werden.
Enrico Vierke hat „die gesamte Schullaufbahn mit dem Karneval durchschritten“, erzählt er. Nach der Armeezeit Mitte der 1990er Jahre schaute er mal wieder vorbei. Er habe es „witzig“ gefunden, was da veranstaltet wurde, und sich der Karnevalspolizei angeschlossen. Sein Interesse galt jedoch vorrangig der Technik. „Im ersten Jahr habe ich auf der Bühne den Kassettenrekorder an- und ausgeschaltet. Da dachte ich mir, das mache ich nur einmal. Das geht auch anders“, schildert er. Mit Marko Müller fachsimpelt er gern, was möglich sei. Nebel machen, Schwarzlicht, all das wurde ausprobiert. Und in der Saison 2011/12 schlug seine Prinzen-Zeit.
Doch was machen die Dährer Karnevalisten im Sommer? Dann haben viele von ihnen Spaß daran, Traditionen zu bewahren. Als Heimatverbundene führen sie im Freilichtmuseum Diesdorf das Ernten von Getreide und Kartoffeln vor, zeigen den Umgang mit dem Dreschflegel. „Damit haben wir um die Jahrtausendwende angefangen, wollten 100 Jahre zurück blicken“, sagt Frank-Jürgen Elfert. Das Mähen und Binden von Garben hätten viele erst lernen müssen. Albert und Ilsa Elfert seien gute Lehrmeister gewesen, sind die fünf Prinzen sehr dankbar für die Hilfe.
Eine originale Taufe gehörte ebenso zu den schönen Erinnerungen wie das Dengeln von Sensen auf der Grünen Woche. „Der Spaß kommt nicht nach Hause, den muss man schon selber machen“, sagt Torsten Barthel. Und wenn viele mitmachen – bei richtiger Arbeitsverteilung – dann haben alle ihre Freude dran, fügte Frank-Jürgen Elfert hinzu.