Bau von 30 Windrädern: 500 Millionen Euro will Sebastian Lüder investieren
#Dähre / #Diesdorf – Insgesamt rund 500 Millionen Euro will der Unternehmer Sebastian Lüder in den Gemeinden Dähre und Diesdorf beim Bau von 30 Windrädern investieren. Der Investor besitzt selbst in den Gemarkungen große Land- und Forstflächen. Über seine Pläne und den Umgang mit Kritik am Projekt hat die AZ Sebastian Lüder befragt.

Sie sind als Weidmann auch Naturfreund und -schützer. Wie passt das mit Ihrem Vorhaben zusammen, etwa im Schmölauer Forst 30 Windgeneratoren bauen zu lassen?
Vom Jagdgebiet verlieren wir maximal drei Prozent der Fläche und das Wild gewöhnt sich an die Windanlagen.
Etwa 500 Millionen Euro umfasst das Investment finanziell. Eine Chance, auch ein Risiko. Aber auch eine große Verantwortung für die Region. Wie gehen Sie damit um?

Wir vertreten den größten Flächenanteil im geplanten Gebiet, sind aber nur einer von 48 Eigentümern, vornehmlich aus den angrenzenden Dörfern, die ihre Flächen zur Verfügung stellen möchten. Wir hätten die Flächen auch an einen Projektentwickler verpachten können, hätten dann jedoch keinen Einfluss auf die Entwicklung im Detail gehabt. Wir begleiten die Entwicklung des Windparks bis zur Genehmigung und suchen parallel einen starken Energiekonzern als Hauptinvestor, der auch über die nächsten 30 Jahre den Betrieb garantieren kann. Eine Investition in dieser Höhe ist für uns alleine nicht darstellbar, wir streben nur eine Minderheitsbeteiligung an. Unsere Verantwortung liegt gerade in der Begleitung des gesamten Prozesses als Grundeigentümer.
Egal wie die Abstimmungen in den Räten Diesdorf und Dähre ausgehen, es gibt ein Danach. Wie könnten Sie das positiv gestalten?
Ich engagiere mich als Privatperson seit 24 Jahren an einer Vielzahl von Projekten in den beiden Gemeinden und habe einige Freundschaften aufbauen können. Auch bei einem negativen Votum der Politik werde ich weiterhin in der Gemeinde aktiv bleiben. Bei einer positiven Entscheidung der Politik stehen den Gemeinden wieder dauerhaft Finanzmittel für das Gemeinwesen und die marode Infrastruktur zur Verfügung. Davon profitieren alle Bürger.
Sie sagten, Sie seien persönlich kein Windrad-Freund. Wie stehen Sie zu Energiewende, Atomkraft-Aus und Energie-Sicherheit?
Das Problem Klimaveränderung wirkt sich seit Jahren negativ auf die Land- und Forstwirtschaft und die Natur insgesamt aus. Leider wurden die bestehenden Atomkraftwerke abgeschaltet und es wird bei dem steigenden Strombedarf zu lange dauern bis neue Atomkraftwerke wieder am Netz sind. Das LNG-Gas aus den USA, Katar, Kanada usw. ist teuer und macht uns abhängig von Drittstaaten. Ob und wie lange Gas wieder aus Russland kommt, wissen wir nicht und macht uns ebenfalls wieder abhängig. Somit verbleibt für mich nur Wind- und Solarstrom als einzige, bezahlbare Alternative in Kombination mit Batteriespeichern, um die Netze zu stabilisieren. In jedem Fall wird die Nachfrage nach Energie konstant zunehmen.
Die Aktivisten der BI kritisieren auch den Faktor Invest-Kapital generell. In Bonese fiel der fragwürdige Satz: „Die Zeit der Fürsten ist vorbei!“ Sind das aus Ihrer Sicht die Zeichen der Zeit?
„Die erwähnten Äußerungen machen mir persönlich Angst. Ich befürchte einige Personen haben aus der Geschichte nicht gelernt. Mir fehlt bei manchen populistischen Äußerungen jegliches Maß und ich vermisse die sachliche Argumentation.
Sie warfen der BI abwertend eine „unzureichende Internetrecherche“ bei der Argumentation vor. Was war an der Präsentation in Bonese aus Ihrer Sicht falsch?
Mich haben die brennenden Windräder als Ursache für Waldbrände massiv gestört. Im Durchschnitt brennen bei über 30.000 Windrädern im Durchschnitt der letzten Jahre ca. 7-8. Die neuen Windräder im Wald werden gemäß Auflagen mit automatischen Löscheinrichtungen ausgestattet. Die Vielzahl von Fahrzeugen, die im Wald auf trockenen, vergrasten Böden abgestellt werden, halte ich für viel gefährlicher.
Wie stehen Sie zu dem Argument, die Aktivisten der BI seien zwar für die Energiewende, jedoch nicht „vor ihrer eigenen Haustür“?
Es entstehen „um unsere Haustür“ definitiv Windkraftanlagen. Entweder politisch gesteuert und zentriert mit Nutzen für alle Bürger und unter Mitwirkung der Grundeigentümer oder verstreut auf juristischem Wege ohne weiteren Mehrwert für die Bürger im Umfeld.
Was versprechen Sie den Einwohnern seitens der Beteiligung, der Energiepreise und im Sinne der sonstigen Partizipation beim Projekt?
An dem Projekt partizipieren Grundeigentümer, aber auch insbesondere die Bürger und Gemeinden: 1. #Bürgerstrom: Gemäß unserer Präsentation partizipieren alle Bürger der angrenzenden Dörfer an dem Projekt über dauerhafte Strompreise zu 1 Cent brutto pro Kilowattstunde für 25 Jahre. 2. #Bürgerbeteiligung: Wir bieten die Beteiligung an „Bürger-Windrädern“ zu einem festen Zinssatz von 5,0 Prozent ab 1000 Euro an. Auch eine direkte Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg wird ab 10.000 Euro angeboten, wobei die Verzinsung dann variabel auch zwischen 7 und 8 Prozent betragen kann. 3. #Gemeinde-Abgaben: Gemäß dem erwarteten Beteiligungs- und Akzeptanzgesetz des Landes Sachsen- Anhalt werden jährlich 42 000 Euro pro Windrad (7 MW) an die Gemeinde gezahlt, wobei 50 Prozent der Abgaben per Gesetz zwingend in den angrenzenden Dörfern investiert werden müssen. Bei 15 Windrädern bedeutet das eine jährliche Zahlung von 630 000 Euro und über 25 Jahre 15 750 000 Euro für die Gemeindekasse. 4. #Steuern: Ergänzend werden ca. ab dem 13. Jahr Gewerbesteuern aus dem Betrieb des Windparks fällig, die zu 90 Prozent in die Gemeindekasse Dähre fließen. Je nach Strompreis können das bis zu 200 000 Euro pro Windrad, somit jährlich 3 000 000 Euro bei 15 Anlagen erwartet werden, somit bei einer Laufzeit von 25 Jahren 36 000 000 Euro.
Diese Punkte werden in einem öffentlich- rechtlichen Vertrag vor Baugenehmigung mit der Gemeinde geregelt.
Es stellt sich nur eine Frage: Steht die optische Beeinträchtigung im Verhältnis zum wirtschaftlichen Vorteil für die Bürger? Diese Entscheidung in Zeiten von extremen Populismus zu treffen, ist nicht einfach. Welche Alternative haben wir zu der vorgestellten Chance?
GESPRÄCH: KAI ZUBER