Die Gegner des Vorhabens bei Dähre brachten ein Bürgerbegehren ins Spiel. Das Großprojekt stieß bei vielen Einwohnern erneut auf massive Ablehnung.
Eine Petition können Sie hier unterschreiben
https://www.change.org/p/nein-zu-41-windenergieanlagen-in-schm%C3%B6lau-neuekrug-wir-haben-genug

#Bonese. Mehr als 100 Menschen verfolgten am Dienstagabend die Dährer Gemeinderatssitzung im Boneser Dorfgemeinschaftshaus. Von Beginn an lag Spannung in der Luft. Grund war der geplante Windpark Dähre. Bereits beim Beschluss der Tagesordnung gab es den ersten Redebedarf. Ratsherr Helmut Stade sprach den Tagesordnungspunkt „Vortrag der Windparkskeptiker Schmölau und der Investoren zum geplanten Windpark im Gemeindegebiet“ an. Er wollte über das Rederecht für den Investor abstimmen lassen. „Das Rederecht für die BI musste auch vom Rat abgestimmt werden“, begründete er. Der Investor erhielt das Rederecht.
Nächster Tagesordnungspunkt war die Einwohnerfragestunde. Erstes Thema: Windpark. Anka Paggen aus Lagendorf fragte nach der Auswertung der Unterschriftenlisten, die die Bürgerinitiative (BI) initiiert habe, und ließ in diesem Zusammenhang für die Befürworter des Windparks eine Bombe namens „Bürgerbegehren“ platzen. „Wir haben unsere Unterschriftenlisten ausgewertet. Sie wurden von 363 unterschrieben. Das würde für ein Bürgerbegehren reichen“, sagte Paggen und fügte hinzu: „Wenn Sie nicht auf unsere Forderungen eingehen, sind wir bereit, ein Bürgerbegehren anzustreben.“ Bürgermeister Bernd Hane entgegnete: „Wenn ein Bürgerbegehren angestrebt wird, kann ich das nicht verhindern.“

Anschließend hatten zwei Vertreter der Bürgerinitiative die Möglichkeit, erstmals mit einer Präsentation ihren Standpunkt im Gemeinderat vorzustellen. Sie erhielten dabei Unterstützung von Ralf Knapp vom Naturschutzbund westliche Altmark (Nabu). „Das, was hier auf dem Tisch liegt, können wir nicht tolerieren“, sagte Knapp mit Blick auf den Windpark Diesdorf-Dähre. Er entkräftete auch einige Argumente, die vom Investor ins Feld geführt werden. Ralf Knapp erklärte, dass es sicher Ausgleichspflanzungen für die Bäume gebe, die gefällt werden würden. Es dauere aber Jahrzehnte, bis dieser Wald den gleichen Wert wie die gerodeten Flächen hätte. Auch den Flächenbedarf für die Windkraftanlagen, der etwa 0,5 Hektar betrage, nahm sich der Nabu-Vertreter vor. Die Auswirkung des Windrades beschränke sich nicht auf dieses Areal, sondern strahle und schädige die Flora und Fauna auch im Umfeld.
Der Unternehmer Sebastian Lüder, der das Projekt angestoßen hat, hatte die Möglichkeit, sich im Anschluss zu äußern und wurde dabei von zwei Experten aus den Bereichen Windpark-Planung und Ökologie unterstützt. Er räumte abermals ein, dass hinter dem Projekt selbstverständlich wirtschaftliche Interessen stünden. Er werde oft gefragt, warum er sich das antue. Sebastian Lüder, dem ein Großteil der Flächen gehört, auf dem der Windpark entstehen soll, erklärte, dass er bereits von großen Energiekonzernen angesprochen worden sei. Doch bevor ein Konzern die Fläche beplane, wolle er lieber das Projekt mit Akteuren vor Ort umsetzen. Die Mehrheit im Saal konnte er nicht überzeugen.
Kathrin Stade appellierte zum Abschluss des Vortrages der Bürgerinitiative an den Gemeinderat, auf die Bürger zuzugehen, um gemeinsam an einem Runden Tisch ein Konzept für erneuerbare Energien in der Gemeinde zu entwickeln. Eines machte sie aber deutlich: „Wir sind gegen Windenergieparks im Waldgebiet. Wir sind gegen Windenergieparks in der geplanten Größenordnung.“ Cornelia Alt drückte es am Ende, an den Gemeinderat gewandt, drastisch aus: „Ich bitte Sie, nicht den Wald zu schlachten, um ihn dann am Tisch zu verzehren.“
Quelle: Von Marco Heide https://epaper.volksstimme.de/
Verbaler Schlagabtausch in Bonese
Meinungen von Windkraftgegnern und Befürwortern prallten aufeinander
#Bonese – Heutzutage drei Leute für einen Konsens an einen Tisch zu bringen, ist schwer. Der eine meint, die Energiewende und der „alternativlose“ Atomausstieg seien die folgenschwersten und teuersten wirtschaftspolitischen Fehler in der Geschichte des Landes überhaupt. Die Zweiten glauben fest an „erneuerbare Energien“, weil das Thema nonstop in den Medien läuft. Und den Dritten ist dies alles komplett egal – sie wollen einfach nur keine Windräder im Schmölauer Forst oder vor ihrer Haustür.

Vertreter aller drei Gruppen waren am Dienstag im Dährer Gemeinderat präsent. Die Bürgerinitiative (BI) Schmölau hatte sich Rederecht erstritten, doch deren Vertreter zeigten sich pampig, als auch erneut der Investor sprechen durfte. Die Stimmung war aufgeheizt, polarisierend. Windräder im Wald – Das ginge gar nicht, hieß es beinahe unisono. Und der Part des Antagonisten war von den Windradgegnern dem Dährer Bürgermeister Bernd Hane und Projektträger Sebastian Lüder zugedacht. Der Rat (zwei Mitglieder befangen) sollte im Falle eines Aufstellungsbeschlusses im Sinne der Bürger entscheiden und dies nicht überhastet.
Die Rollen also klar verteilt: Die Sprecher der Protagonisten waren mit Matthias Berger (Siedendolsleben) und Kathrin Stade (Schmölau) besetzt. NABU-Fachmann Ralf Knapp gab Naturschutz-Argumente dazu. Für jedes gute Argument gegen Lüders 30-Räder-Windpark (Höhe etwa 230 Meter) in Dähre-Diesdorf brandete Beifall auf. Doch im vollen Saal waren auch viele der 47 Grundstückseigentümer als Beobachter (und später eventuelle Nutznießer) dabei.
Doch es gibt auch einen Widerspruch, denn eigentlich argumentierte die BI ja für die Energiewende, lehnte in ihrer Argumentationskette dann jedoch Windkraft in der Region nahezu komplett ab. Für die Boneser Basis war es schwer zu verstehen, dass die Dährer Probleme inklusive der Windkraft-Planungshoheit einst in Berlin fabriziert wurden und nun an der demokratischen Basis im kleinen Dorf für Zündstoff sorgen.
■ Über 2760 Unterschriften gegen das Vorhaben
Doch für die BI ist der Fall klar: Der Rat braucht das Projekt doch nur ablehnen. 363 Unterschriften auf Papier und 2400 weitere online hat die BI gesammelt. Und das bei 1386 Einwohnern in der Kommune. Ein Bürgerentscheid sei geplant, hieß es. Ferner möchte die BI einen Arbeitskreis auf VG-Ebene, die einen Leitfaden für erneuerbare Energie in der Region erstellt.

© Kai Zuber (2)
Matthias Berger von der BI appellierte an die Sorgfaltspflicht der Ratsmitglieder: „Die Gemeindevertreter haben das Mandat der Bürger, nicht des Geldes. Sie können Nein sagen.“ Die Windkraftgegner befürchten, dass unter bestimmten Voraussetzungen (Netzüberlastung) nicht wie versprochen das Geld an die Kommunen fließt und sprachen Knackpunkte der Wegewartung, Recycling-Probleme, Gewerbesteuer, Brandschutz und Betreiber-Insolvenzabsicherung an. Dähres Bürgermeister Bernd Hane wies energisch Gerüchte zurück, er würde finanzielle Vorteile aus dem Projekt ziehen: „Dagegen möchte ich mich verwahren. Ebenso gegen den Vorwurf, ich und der Rat würden schlecht kommunizieren. Wir machen es uns nicht leicht“, so der Ortschef.
Planer Ingo Senftleben ging auf die Reduzierung der anvisierten Fläche ein: „Das Füst-Moor ist raus genommen. Wir müssen uns an bestehende Gesetze aus Berlin und Magdeburg halten“, sagte der Fachmann. Und ergänzte: Der besagte Aufstellungsbeschluss sei nicht das Ende des Prozesses, denn danach folge der Satzungsbeschluss. Den Abrieb bei den Windrädern verglich der Planer mit dem von Abermillionen Schuhsohlen. Raunen im Publikum. Die 0,5 Hektar Waldverlust je Windrad sollen durch Ersatz-Pflanzungen kompensiert werden und zum Schutz der Fledermäuse gebe es Abschaltzeiten und ein mehrjähriges Monitoring.
Investor Sebastian Lüder, seit 23 Jahren Waldbesitzer, erwähnte die Ertragsarmut seines Forstbesitzes, den er stückweise von einer Kiefernplantage zu einem Mischwald umfunktionierte. Die Zahlungen, die für die Laufzeit von 25 Jahren in der Region bleiben, bezifferte er auf bis zu 650 000 Euro pro Jahr. 90 Prozent der Gewerbesteuer kommen dazu. Für den Windrad-Rückbau werden Bank-Bürgschaften hinterlegt. Dann bot Lüder (er outete sich als Windkraftkritiker) erneut Bürgerbeteiligungen, einen symbolischen Strompreis von einem Cent je Kilowattstunde oder wahlweise einen finanziellen Ausgleich für Bürger in den umliegenden Orten des Projektes an.
■ Nabu-Vertreter gegen Experimente im Wald
Für die 30 Windräder in Dähre-Diesdorf wird eine Acker-Aufforstung von 7,5 Hektar notwendig sein. „Es gebe keine Eile, unseren Wald zu schlachten und dann zu verspeisen“, rief eine Windkraft-Gegnerin aus Schmölau erbost und erntete Applaus. NABU-Mann Ralf Knapp nannte gegen die Windrad-Pläne die Argumente der Trinkwasser-Beeinträchtigung, den Plastik-Abrieb, Flächenverlust, Waldinseln, die sich aufheizen, Brände verursachen und nicht gelöscht werden können, drohenden Schädlingsbefall und die bedrohten Vogelarten Kranich, Ziegenmelker und Fledermaus.
Sein Fazit: „Keine Experimente im Wald – Wir sollten das nicht tun!“ Zum Finale der BI-Argumentation wurde es gar politisch-polarisierend. Denn während aktuell grade eine handvoll Bosse in Davos ihre weltweite Zukunft im Rahmen der Agenda 2030 plant, erklären die davon betroffenen Windradgegner im Saal von Bonese mal eben spontan-heroisch: „Die Zeit der Fürsten ist vorbei!“ Wer oder was mit dieser obskuren Ansage gemeint war, blieb offen.
Quellenangabe: Kai Zuber – Altmarkkreis Salzwedel vom 30.01.2025, Seite 5
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Applaus für Boneser Bürgerbegehren
Initiative kündigt weitere Schritte an / Windkraft im Wald per Gesetz erlaubt / NABU-Experte: „Unverantwortlich“
Schmölau / Bonese – 363 Unterschriften auf Papier und 2400 weitere online hat die Bürgerinitiative (BI) gesammelt, die sich zwar ausdrücklich für die so genannte Energiewende, jedoch gegen die geplanten 30 Windräder im Schmölauer Forst und auch in den angrenzenden Flächen ausspricht. Die Gemeinde Dähre hat aktuell 1386 Einwohner. Ein Bürgerbegehren sei hier geplant, hieß es, seitens einer BI-Aktivistin. Dafür gab es Beifall im Boneser Gemeindesaal während der jüngsten Ratssitzung.

Doch der Gesetzgeber hat dem Treiben der Investoren in Forsten bereits Mitte des vergangenen Jahres ganz bewusst keinen Riegel vorgeschoben, obwohl dies leicht möglich gewesen wäre. Fazit: Windräder können in Sachsen-Anhalt (ebenso wie in einigen anderen Bundesländern) auch in Wäldern errichtet werden. Der Magdeburger Landtag hat eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen, „durch die das Land die Flächenziele für Windkraft erreichen soll“, wie es hieß.
■ Begehren oft zulässig
Doch zurück zum Dährer Bürgerbegehren, welches das Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt regelt. Hier heißt es: Die Bürger können mit einem Bürgerbegehren beantragen, dass sie über eine Angelegenheit der Kommune selbst entscheiden. Gegenstand eines Bürgerbegehrens können Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, die in der Entscheidungszuständigkeit der Vertretung liegen und zu denen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist.
Ein Bürgerbegehren ist unzulässig über die innere Organisation der Verwaltung der Kommune, die Rechtsverhältnisse der ehrenamtlichen Mitglieder der Vertretung, des Hauptverwaltungsbeamten, des Gemeindebürgermeisters in einer Verbandsgemeinde und der Beschäftigten der Kommune, die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushaltspläne oder der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe. Gleiches gilt für die kommunalen Abgaben und Tarife der Versorgungs- und Verkehrsbetriebe der Kommune, die Feststellung des Jahresabschlusses der Kommune und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe und des Gesamtabschlusses, Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten, die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch.
Auch Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind, sowie Angelegenheiten, die ein gesetzeswidriges Ziel verfolgen, können ein Bürgerbegehren rechtfertigen. Solches muss die begehrte Sachentscheidung in Form einer mit Ja oder Nein zu beantwortenden Frage und eine Begründung enthalten. Im Bürgerbegehren sind bis zu drei Vertrauenspersonen zu benennen, die berechtigt sind, verbindliche Erklärungen in den Verfahren zum Bürgerbegehren und Bürgerentscheid abzugeben, und die berechtigt und verpflichtet sind, Mitteilungen und Entscheidungen der Kommune entgegenzunehmen.
■ Die Durchführung
Die Kommune sollte in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung eines Bürgerbegehrens behilflich sein und muss Auskünfte zur Sach- und Rechtslage erteilen. Die Vertrauenspersonen haben das Bürgerbegehren der Kommune vor Beginn der Unterschriftensammlung in schriftlicher Form anzuzeigen. Die Kommune muss unverzüglich nach Eingang der Anzeige des Bürgerbegehrens eine Schätzung der Kosten für die Umsetzung der begehrten Sachentscheidung einschließlich der Folgekosten erstellen und sie den Vertrauenspersonen Form mitteilen. Die Kostenschätzung der Kommune ist von den Vertrauenspersonen in das Bürgerbegehren aufzunehmen.

Zusätzlich können die Vertrauenspersonen eine abweichende eigene Kostenschätzung aufnehmen; in diesem Fall ist das geänderte Bürgerbegehren der Kommune unverzüglich anzuzeigen. Jede Unterschriftsleistung für das Bürgerbegehren erfolgt auf Listen. Auf der Unterschriftsliste sind Vor- und Familienname, Geburtsdatum, bei mehreren Wohnungen die Anschrift der Hauptwohnung des Unterzeichners sowie das Datum der Unterschrift handschriftlich und deutlich lesbar einzutragen. Auf jeder Unterschriftsliste müssen der Wortlaut des Bürgerbegehrens und die Begründung mit Kostenschätzung vollständig enthalten sein. Das Bürgerbegehren muss von mindestens zehn Prozent der stimmberechtigten Bürger unterzeichnet sein. Es ist mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften innerhalb von sechs Monaten bei der Kommune schriftlich einzureichen.
Quellenangabe: Kai Zuber – Altmarkkreis Salzwedel vom 03.02.2025, Seite 4
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